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Titel: Stalins Kühe
Autor: Sofi Oksanen
Übersetzer: Angela Plöger
Verlag: btb
Seiten: 482
Erscheinungsdatum: Finnisch 2003, Deutsch 2012, meine Taschenbuchausgabe 2014
Gekauft: Im… August? Mein instagram-Foto bestätigt dies.
Fertig gelesen: 3.12.2015
Ort des Lesens: Zug, mein Stuhl, mein Bett
Handlung: Annas Leben im Jetzt, Annas Kindheit und die Mutter. Ein Leben zwischen Estland und Finnland, zwischen Ost und West, ein Leben im Umbruch.
Sprache: Ziemlich hart, ziemlich direkt. Die Sprache transportiert die Distanziertheit zu den eigenen Gefühlen der Protagonistin. Thematisch geht es ja auch um tabuisierte Themen: Essstörungen und das Verhältnis von Finnland und Estland, da passt die Sprache sehr gut zu.
Meinung: Ziemlich gut, größtenteils. Mit Fegefeuer konnte ich ja nicht besonders viel anfangen, aber dieses Buch hat mir doch sehr gut gefallen. Schwierig fand ich es manchmal bei den Familienverhältnissen dabei zu bleiben, aber die sind am Ende auch nicht so entscheidend, deswegen kann man das auf meine komische Art zu lesen schieben und muss es nicht dem Buch anlasten.
Der deutschen Version muss man aber in der Tat den Klappentext anlasten!
„Anna hat alles im Griff. Sie dient einer »Herrin«, der Bulimie, denn es gibt nichts Wichtigeres für sie, als einen vollkommenen Körper zu besitzen und unangreifbar zu sein.
Annas Eltern trennen sich, als ihre Mutter Katariina herausfindet, dass ihr Mann sie betrügt. […]„
Die Bulimie wird im Buch nur als Herr bezeichnet, nicht als Herrin, sowas nervt mich. Und Annas Eltern trennen sich nicht unbedingt deswegen, das ist inhaltlich falsch und das nervt mich auch. Kann das Buch und die Autorin aber halt auch nichts für, nehme ich mal stark an.
Ansonsten ist das Buch nämlich gut, historisch interessant und eindrücklich geschrieben. So!
Darüber wird nicht gesprochen, und Anna fragt auch nicht, denn das ist bei ihnen nicht üblich. Mutter versucht zwar manchmal, Anna nach irgendwelchen Dingen zu fragen, aber Anna antwortet niemals. Anna selbst ist kein Fragetyp, Anna beobachtet nur und hört zu. Mutter findet es schwierig, dass Anna nicht fragt, aber Anna hat nicht vor, ihre Gewohnheiten zu ändern. Auch das ist ein Beschluss. Durch das Fragen würde Anna zu erkennen geben, dass sie etwas wissen möchte, und durch solche Dinge möchte sie sich nicht verraten. Es interessiert Anna nicht. So ist es nun mal, und das müssen alle glauben. Mit ihrem scheinbaren Desinteresse erhebt Anna sich über alles andere und beobachtet von ihrer kühlen Erhabenheit herab die Erdoberfläche, die vor einer Neugier wimmelt, zu der Anna sich nicht herablässt. Das Fragen würde Anna nackter machen, und nackt wäre Anna verletzlich, ausgeliefert – das ist doch das, was jeder Mensch möchte, Schaden zufügen, dessen ist Anna sich sicher, Macht erlangen, die Oberhand gewinnen, von dem anderen irgendwie profitieren. Deshalb beobachtet Anna nur, sie nimmt nicht teil, fragt nicht. So ist Anna in Sicherheit. (S. 244)